Nachhaltige Technik, technisierte Nachhaltigkeit?
Gemeinsame Frühjahrstagung der DGS-Sektion Wissenschafts- und Technikforschung und der DGS-Sektion Umwelt- und Nachhaltigkeitssoziologie
26. und 27. Juni 2025, TU Dortmund
Call for Papers
Gesellschaft, Technik und Natur sind in der Moderne untrennbar miteinander verwoben. Die Beziehungen zwischen Menschen und ihrer natürlichen Umwelt sind in einem hohen Maß durch Technik vermittelt. Mehr noch: Technik selbst lässt sich als ein Hybrid aus Natur und Gesellschaft beschreiben. Zum einen entsteht Technik aus sozialen Zusammenhängen heraus; zum anderen bilden biophysische Materialitäten und Stoffströme ihre naturbezogene Basis. Dieses koevolutionäre Verhältnis zeigt sich heute in besonders krisenhafter Weise: Technikinnovationen haben das gesellschaftliche Leben in den letzten 150 Jahren beträchtlich erleichtert. Ihr Einsatz ist aber zugleich verantwortlich für weitreichende Umweltveränderungen und nicht zuletzt auch für den globalen Klimawandel.
Die beschleunigte Entwicklung von Technik und ihre verbreitete Nutzung wird insofern in vielerlei Hinsicht als Treiber für die ökologischen Krisen unserer Zeit eingestuft. Andererseits werden Technikinnovationen unter Bezeichnungen wie »grüne Technologien« aber auch als maßgebliche Lösungselemente auf dem Weg zu nachhaltigeren Wirtschafts- und Gesellschaftsformen angesehen: Nicht nur in unternehmerischen Zusammenhängen, sondern auch in Wissenschaft und Politik wird prospektiven Technologien (z.B. weiterentwickelte künstliche Intelligenz, Kernfusion, »grüner Wasserstoff«, »E-Fuels«) und bereits anwendungsbereiten Techniklösungen (z.B. Elektroautos, Wärmepumpen) das Potenzial zugeschrieben, substanzielle Beiträge zur Bewältigung großer ökologischer Problemlagen leisten zu können. Zugleich stoßen solche als Lösung gerahmte Technologien bei anderen gesellschaftlichen Gruppen und Akteuren auf Skepsis oder gar Ablehnung und sind Gegenstand gesellschaftlicher Konflikte. Nicht zuletzt die Debatten um Atomkraft und um die EU-Taxonomie für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zeigen, dass die Frage, welche Technologien überhaupt als nachhaltig angesehen werden können, selbst ein zentrales Thema sozialer Aushandlungsprozesse ist.
Die gemeinsame Frühjahrstagung der Sektion Wissenschafts- und Technikforschung und der Sektion Umwelt- und Nachhaltigkeitssoziologie möchte vor diesem Hintergrund das ambivalente Verhältnis von Technik und Nachhaltigkeit in den Blick nehmen sowie die verbreiteten Vorstellungen von »nachhaltiger Technik« und »technisierter Nachhaltigkeit« kritisch evaluieren. Für diese Tagung sind daher sowohl theoretisch-konzeptionelle Beiträge als auch empirische Untersuchungen von Interesse, die sich u.a. mit folgenden Fragen beschäftigen:
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Wie lässt sich das Verhältnis von Technik und Nachhaltigkeit konzeptualisieren? Wann und in welchen Hinsichten ist nachhaltige Technik zu einem Gegenstand gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse geworden?
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Welche ambivalenten Deutungen von Technik treffen in unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen aufeinander? In welchen Diskurskontexten und aus welchen Gründen erfahren umkämpfte Technologien wie das Elektroauto, die Wärmepumpe oder künstliche Intelligenz ein positives Framing (als »technological fix«) oder vehemente Ablehnung?
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Inwiefern bilden Technikutopien und -dystopien einen Ausgangspunkt für Nachhaltigkeitsbewegungen? Welche Kämpfe und Konflikte um einen angemessenen Umgang mit Technik prägen die Gesellschaft? Inwiefern sind Gesellschaft-Natur-Verhältnisse durch historische Entwicklungen festgelegt – und welche Zukünfte werden durch aktuelle Technikentwicklungen befördert oder verhindert?
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Unter welchen Bedingungen können intelligente Technik, Automatisierung und Digitalisierung zu nachhaltigeren Wirtschafts- und Gesellschaftsformen beitragen?
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In welchem Verhältnis stehen die Entwicklung nachhaltiger Technik, Kompensationsmaßnahmen und der Rückbau technischer Eingriffe in die Natur, so etwa durch Renaturierung (»technological fix« vs. »ecological fix«)?
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In welchen Belangen wird das Versprechen einer technikbeförderten Nachhaltigkeit oder nachhaltige Technik selbst ein Geschäftsmodell und Teil kapitalistischer Verwertungszusammenhänge? In welchen Fällen trägt der Markt zur Diffusion »grüner Technik« bei und wirkt somit im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit? Wo geht durch die Integration in kapitalistische Verwertungszusammenhänge ihr ökologisches Potenzial verloren?
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Inwiefern geht auf nationaler und auf transnationaler Ebene die Einführung »nachhaltiger Technik« mit der Reproduktion oder Verstärkung sozialer Ungleichheiten einher (z.B. in der Kostenverteilung oder durch Inanspruchnahme von Ressourcen im »globalen Süden«)?
Wir freuen uns auf rege Beteiligung an der Tagung und auf die Zusendung Ihrer Beitragsvorschläge (Abstracts mit max. 300 Wörtern Umfang) bis zum 31. Januar 2025 an
Marco Sonnberger (marco.sonnbergersowi.uni-stuttgartde) und Jan-Felix Schrape (jan-felix.schrapesowi.uni-stuttgartde).
Organisation
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