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Fakultät für Sozialwissenschaften

Dissertationsprojekte

Abstract

Trotz wachsender medialer Aufmerksamkeit, unzähligen politischen Zielvereinbarungen und massiven Investitionen in erneuerbare Energien und andere klimaschonende Technologien schreiten die großen sozial-ökologischen Krisen nahezu ungebremst voran. Immer deutlicher wird sichtbar, dass die bisherigen Anstrengungen, welche vor allem auf technische Lösungen fokussierten, nicht ausreichen und es einer tiefergreifenderen sozial-ökologischen Transformation bedürfte. Zunehmend wir die Nachhaltigkeitsstrategie der Suffizienz in wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Debatten als relevanter und bislang weitestgehend vernachlässigter Baustein einer sozial-ökologischen Transformation beschrieben. Suffizienz ist eine Strategie zur absoluten Reduktion von Konsum- und Produktionsniveaus - bei gleichzeitiger Sicherung eines Mindeststandards - durch Veränderungen von sozialen Praktiken und entsprechender politischer Rahmenbedingungen. Daher wird die Suffizienzstrategie von Kritiker*innen auch als „Verzicht“ diskreditiert und gilt in einer auf Wachstum gepolten Gesellschaft als politisch heikel.

Um einen Beitrag zu einer kritischen Reflexion über die Potentiale der Suffizienzstrategie zu leisten, befasst sich die angestrebte Promotion mit den Umsetzungsprozessen und Wirkungen von Suffizienzpolitik. Dabei liegt der Fokus auf Suffizienzpolitik, da davon ausgegangen wird, dass eine Reduktion von Produktions- und Konsumniveaus sowie eine Veränderung sozialer Praktiken ohne kulturelle, infrastrukturelle und institutionelle Veränderungen nicht möglich ist. Grob gliedert sich die Arbeit in vier Teile. Am Anfang stehen konzeptionelle Arbeiten zum Begriff der Suffizienz. Der Zweite Teil befasst sich mit Fragen der Legitimation und Anschlussfähigkeit von Suffizienz. Im dritten Teil stehen Umsetzungsprozesse von konkreten suffizienzepolitischen Maßnahmen auf kommunaler Ebene im Fokus und werden insbesondere mit Blick auf die entstehenden Konflikte und der von den Verwaltungen gewählten Vorgehensweisen untersucht. Im vierten Teil der Arbeit werden suffizienzpolitischen Maßnahmen in Bezug auf ihre ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Wirkungen evaluiert.

Jonas Lage ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Nobert Elias Center for Transformation Design and Research an der Europa-Universität Flensburg und promoviert im Rahmen der BMBF-Nachwuchsforschungsgruppe „Die Rolle von Energiesuffizienz in Energiewende und Gesellschaft (EnSu)“. Darüber hinaus ist Jonas Lage als Teil des I.L.A.-Kollektivs als Bildungsreferent und Autor tätig.

 

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Klimaaktivismus hat bisher wenig Beachtung in Forschungsarbeiten zum Konsumverhalten junger Menschen gefunden. Mein Forschungsschwerpunkt liegt auf Praktiken ökologischer Nachhaltigkeit, insbesondere auf

Suffizienz- und Konsistenzstrategien. Suffizienzstrategien umfassen das Ausweichen auf umweltfreundliche Alternativen, wie beispielsweise Tauschen, Leihen oder Second-Hand-Käufe, sowie die Vermeidung von Konsum. Konsistenzstrategien im Bereich des nachhaltigen Konsums zielen auf den Kauf langlebiger und umweltfreundlicher Produkte, wie beispielsweise Bio-Lebensmittel. Ich lege meinen Fokus auf junge Menschen, da sie in ihren Konsumpraktiken noch weniger gefestigt bzw.

routiniert sind als ältere. Die Promotion zielt darauf ab, nachhaltigen Konsum als soziale Praxis im Kontext des Engagements junger Menschen in Klimagerechtigkeitsbewegungen zu untersuchen. Hierfür habe ich im Rahmen des Forschungsprojektes „Trans4mation-Fridays for Future“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen Interviews mit jungen Menschen mit unterschiedlich starkem Bezug zu „Fridays for Future“ geführt und an der Umsetzung einer repräsentativen quantitativen Studie mitgewirkt, in der junge Menschen in Italien, Großbritannien, Japan und Deutschland zu nachhaltigem Konsumverhalten, ihrem Blick auf das gesellschaftliche Naturverhältnis und ihrer Einstellung zu Kapitalismus befragt wurden.

Meine bisherigen Analysen legen nahe, dass Jugendliche, die sich in der Klimagerechtigkeitsbewegung engagieren, sich auch stark mit alternativen Konsumpraktiken auseinandersetzen und Konsumverzicht üben, obwohl sie eine Lösung der Klimakrise durch individuelle Anstrengungen wie politischen Konsum zumeist ablehnen und für nicht umsetzbar halten. Dies unterscheidet sie deutlich von anderen Jugendlichen, die nachhaltige Konsumpraktiken für relevanter bei der Lösung der Klimakatastrophe halten, umgekehrt aber, solche Praktiken aber seltener anwenden als die Aktivisti. Meine Promotion beschäftigt sich mit soziologischen Erklärungsansätzen für dieses Phänomen und greift dabei insbesondere auf die theoretischen Ansätze von Pierre Bourdieu und Norbert Elias zurück.