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Fakultät für Sozialwissenschaften

Tagungsbericht

Das Bild zeigt Jana Rückert-John, Sebastian Lakner, Friederike Schmitz und Bernd Sommer auf einer Podiumsdiskussion während der Tagung "Transformationen der Mensch-Tier-Beziehungen" © Roland Scholl, ITMC TU Dortmund
Podiumsdiskussion

Vom 13. bis 15 September 2023 fand an der Fakultät für Sozialwissenschaften der TU Dortmund die Tagung “Transformationen der Mensch-Tier-Beziehungen: Ursachen, Dynamiken und Folgen“ statt. Rund 60 Teilnehmende aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutierten in insgesamt vier Panels, zwei Keynotevorträgen und einer Podiumsdiskussion aktuelle Forschungsbeiträge und -perspektiven über die gesellschaftlichen Beziehungen zu Tieren.

Die Tagung begann nach der Begrüßung durch Bernd Sommer (TU Dortmund) mit einem Einleitungsvortrag von Marcel Sebastian (TU Dortmund) zum Thema “Dynamiken des Wandels der Mensch-Tier-Beziehungen”. In der daran anschließenden Keynote-Lecture mit dem Thema “Diet for an Egalitarian Planet: Liberating Farm Animals to Save Humanity” präsentierte Richard York (University of Oregon) den aktuellen Forschungsstand zu den ökologischen Auswirkungen landwirtschaftlicher Tierhaltung und diskutierte unterschiedliche Transformationspfade für eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft. Dabei plädierte er unter anderem dafür, die politische Verantwortung für diese Transformation nicht primär bei den Konsument*innen zu suchen, sondern konkrete politische Maßnahmen zum Ausstieg insbesondere aus der industriellen Tierhaltung umzusetzen.

Der zweiten Tagungstag begann mit einem Keynote-Vortrag von Birgit Pfau-Effinger (Universität Hamburg) zum Thema “Animal Citizenship in einer wohlfahrtsstaatlichen Perspektive. Überlegungen zu einem theoretischen Ansatz zur Analyse von Human-Animal Politiken”. Darin schlug Pfau-Effinger vor, theoretische Ansätze zu möglicher Staatsbürgerschaft von Tieren nicht auf normativen Ansätzen der relationalen Tierethik, sondern vielmehr auf Basis etablierter theoretischer Ansätze der politischen Soziologie der Wohlfahrtsstaats gründen zu lassen. Hierbei bezog sie sich vor allem auf T. H. Marshalls Typologie staatsbürgerlicher Rechte, die zwischen sozialen, politischen und zivilen Rechten unterscheidet.

In insgesamt vier Panels zu den Themen "Konfliktfelder Tierwohl und Tierschutz", "Konsum- und Produktionspraxen im Wandel", "Praxen im Kontext der Mensch-Tier-Beziehungen" sowie "Care im Kontext der Mensch-Tier-Beziehungen" wurden Forschungsbeiträge präsentiert und diskutiert. Diese Beiträge diskutierten unterschiedliche Formen sozialen Wandels und gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse und brachten die Vielfalt soziologischer und sozialwissenschaftlicher Zugänge zum Mensch-Tier-Verhältnis zum Ausdruck.

Zum Ende des zweiten Tagungstags fand die Podiumsdiskussion „Landwirtschaftliche Tierhaltung und sozial-ökologische Transformation: Möglichkeiten einer zukunftsfähigen Mensch-Tier-Beziehung“ statt. Moderiert von Bernd Sommer diskutierten die Soziologin Jana Rückert-John (Hochschule Fulda), der Agrarökonom Sebastian Lakner (Universität Rostock) und die Philosophin und Autorin Friederike Schmitz (Faba Konzept) über die Frage, welche Transformationen des Agrar- und Ernährungssystems grundsätzlich nötig, zur Lösung der Probleme tragfähig, und schließlich auch gesellschaftlich umsetzbar sind. Ein Teilfazit der Diskussion könnte lauten, dass eine weitgehende Transformation der landwirtschaftlichen Tierhaltung und mindestens eine deutliche Reduktion der Tierbestände zwar nötig wären, aber auch die Gefahr gesellschaftlicher Spaltung bergen. Hieraus ergeben sich zahlreiche Fragestellungen für die sozial-ökologische Transformationsforschung und die Soziologie, die im Rahmen des Podiums nur schlaglichtartig angerissen werden konnten.

Zum Abschluss der Tagung stellten sich Zoei Sutton (Editorin bei Society and Animals) und Anthony L. Podberscek (Editor-in-Chief bei Anthrozoös) im Rahmen einer “Meet the Editors”-Veranstaltung den Fragen des Publikums zum Publizieren in internationalen Fachzeitschriften der Human-Animal Studies.

Insgesamt war die Tagung durch eine engagierte und kollegiale Atmosphäre und durch Forschungsbeiträge auf hohem wissenschaftlichem Niveau geprägt. Marcel Sebastian, Hauptorganisator der Tagung, fasste in seinen abschließenden Worten zusammen, dass die soziologische und sozialwissenschaftliche Forschung in den letzten 10 Jahren eine deutliche Entwicklung durchgemacht habe. So sei die Soziologie der Mensch-Tier-Beziehungen mittlerweile theoretisch wie auch methodisch breit aufgestellt, an unterschiedlichen Professuren und durch mehrere Drittmittelprojekte vertreten und bringe zudem einen ausgezeichneten wissenschaftlichen Nachwuchs hervor.